Ripples

December 4th, 2020

 

The Nightingales – Four Against Fate

 

Ob Stewart Lees und Michael Cummings liebevolles Filmportrait King Rocker (Fire Records) Robert Lloyd und seine Band The Nightingales vom schmeichelhaften wie ärgerlichen Ruf, ein ewiger Geheimtipp und eine Birminghamer Version von The Fall zu sein, befreien kann, darf zwar bezweifelt werden, aber so what? Der noch ganz vom Punk inspirierten Vorläuferband The Prefects attestierten die Musikblätter schon eine gewisse Verschrobenheit. Nachdem die Band 1977 als Support von The Clash unterwegs war und durch das elitäre Gehabe der Stars im Schnelldurchlauf vom Musikbusiness desillusioniert wurde, war den Mitgliedern gleich klar, dass sie einen anderen Weg einschlagen wollen. Mit der Metamorphose von The Prefects zu The Nightingales öffnete sich auch das Visier für andere Einflüsse. Eine durchaus nicht abwegige Verknüpfung von experimentellem Rock, Rockabilly, vertracktem Folk und Country, mit Drive und Energie gespielt, lässt die drei ersten Alben heute als absolute Klassiker des Post-Punks und markantes Zeugnis der Birminghamer Musikhistorie dastehen. Robert Lloyds phonetisch nicht zu überhörendes Organ und seine gleichsam textmächtigen trocken und ironischen Betrachtungen des scheiternden Lebens im Allgemeinen und des des britischen Midländers im Speziellen bescherten The Nightingales, Undergroundstatus hin oder her, eine treue Anhängerschaft. Die Inspirationen für die Lyrics schnappt Lloyd bevorzugt in Pubs als Mithörer von Konversationen auf. Die zahlreichen Anspielungen und Querverweise und die Brechungen haben gerüchteweise schon zu manchen, mitunter nächtelangen Diskussionen und Interpreationsversuchen geführt.

Ende der 1980er löste sich die Band auf, Robert Lloyd versuchte sich solo als Crooner (Robert Lloyd and The Four Seasons), Labelbetreiber und Produzent. Mit der Veröffentlichung von We’ve Got A Fuzzbox And We’re Gonna Use It landete Vindaloo Records sogar einen richtigen Indie-Hit. Gleichzeitig entdeckte Lloyd seine Affinität für andere unkonventionell agierende Musikerinnen. Veröffentlichungen, Gastauftritte auf den Platten und Kollaborationen mit u.a. Poppy & The Jezebels, Hotpants Romance (beide der Birminghamer Szene entsprungen), Gina Birch, den klassisch geschulten Musikerinnen Katherine Young und Clara Kebabian oder den beiden New Yorkerinnen Christy & Emily geben den Platten der Nightingales seit der Wiederbelebung der Band Anfang der 00er Jahre einen schönen subtilen Kontrapunkt zum typischen “Gales Sound.
Die aktuelle Stammband – Robert Lloyd, Andreas Schmid, James Smith und die Schlagzeugerin Fliss Kitson, die sich auf den letzten beiden Alben die Gesangparts mit Lloyd teilt – wirkt versierter denn je: Das aktuelle Album Four Against Fate klingt wie auch schon der Vorgänger Perish The Thought wie aus einem Guss und zeitlos. Die letzten Alben wurden alle im Klangbad-Studio von Ex-Faustler Hans-Joachim Irmler, auf dessen Label man ja auch schon veröffentlichte, aufgenommen. Four Against Fate wurde gar von Stuart Moxham (ehemals Young Marble Giants) gemastert.
Die zwölf Songs stehen ganz in der eigenen Tradition. Rhythmuswechsel am Laufmeter, Breaks und Wendungen, Refrains zwischen catchy und schräg, zahlreiche musikalische Zitate, verpackt in eine raue und direkte Produktion, all das kennt und schätzt man an The Nightingales. Die abwechselnden bzw. bei einigen Stücken sogar gemeinsamen Gesangsparts von Robert Lloyd und Fliss Kitson geben den Songs aber eine gewisse Unberechenbarkeit, die immer wieder aufs Neue überrascht. Unbedingt besorgen sollte man sich auch das als Fanzine angebotene Textheft von Four Against Fate. Da kann man dann bei der nächsten Diskussionsrunde punkten.

http://www.thenightingales.org.uk

 

 

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